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Welchen Rathaus-Chef wollen die Bürger?

Das Amt Unterspreewald hat mit Marco Kehling einen neuen Amtsdirektor. In Lübben gibt es sechs Kandidat*innen für die Wahl des Bürgermeisters. Auch in Wildau wird demnächst ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Wen wollen die Menschen an der Spitze ihrer Kommune?

 

Von Dörthe Ziemer

 

Der große Saal im Haus „Germania“ in Niewitz wirkt geradezu festlich. Die Sonne kommt nach einem ordentlichen Regenguss durch die gelben Vorhänge vor großen Fenstern, in der Ecke stehen Blumen. Es sind zahlreiche Gäste da. Auf der Tagesordnung des Amtsausschusses an diesem Aprildonnerstag steht neben der Be- und Abberufung von Funktionsträgern der Freiwilligen Feuerwehr die Wahl des Amtsdirektors. Roland Gefreiter, der als Ausschussvorsitzender die Sitzung leitet, entschuldigt einen Lapsus mit dem Hinweis „einen Amtsdirektor wählt man ja nicht alle Tage“. In der Tat: Der Chef einer Verwaltung mehrerer selbstständiger Gemeinden, die sich in einem Amt zusammengeschlossen haben, wird für acht Jahre gewählt. Diesmal kam der Amtsausschuss jedoch vorfristig zusammen, denn er hatte im November seinen Amtsdirektor Henri Urchs nach dreieinhalb Jahren Amtszeit abgewählt.

 

So wurde der Amtsdirektor gewählt

Die Stelle wurde ausgeschrieben – das Prozedere der Kandidatenfindung erläuterte Bauamtsleiterin Michaela Schudeck, die seit der Abwahl die Amtsgeschäfte führt, in der Sitzung ausführlich: Die letztlich zwölf Bewerber hatten mehrere Runden zu durchlaufen, darunter eine Auswahl nach formellen Kriterien, bei der elf Kandidaten die Mindestpunktzahl erreichten. Es folgten eine Potenzialanalyse durch eine externe Beratungsfirma sowie mit schließlich fünf Kandidaten Bewerber-Interviews. Diese dauerten etwa drei Stunden und klopften die Kandidaten auf Fähigkeiten wie Gestaltungswillen, Mitarbeiterführung, Zielstrebigkeit, Durchsetzungskraft, Selbstorganisation, Konfliktfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit ab. Eine Auswahlkommission war in das Verfahren eingebunden.

 

Sowohl in der formellen Bewerberauswahl und der Potentialanalyse als auch in den Bewerber-Interviews habe sich ein Kandidat klar herauskristallisiert, erläuterte Michaela Schudeck: „Aufgrund der Eindeutigkeit des Auswahlverfahrens und des großen Abstandes zum Zweitplatzierten wurde festgelegt, dass sich nur ein Kandidat zur Wahl des Amtsdirektors vorstellt.“ Dieser Kandidat heißt Marco Kehling, ist 47 Jahre alt und kommt aus der nächsten Nachbarschaft – aus Groß Köris. In seiner Vorstellung verwies er zum einen auf seine langjährige Erfahrung in der Finanzverwaltung vom Finanzamt Königs Wusterhausen bis zum Finanzministerium, zum anderen auf seine politischen Ehrenämter als Bürgermeister von Groß Köris, Vorsitzender des Amtsausschusses im Schenkenländchen und als Kreistagsmitglied.

 

„Gutes Zuhören und Verständnis für das Gegenüber haben mir immer geholfen, meine Aufgaben zu erledigen“
Marco Kehling, neuer Amtsdirektor im Amt Unterspreewald

 

Er habe, sagte der Kandidat, als Finanzbeamter Erfahrung darin, auch unliebsame Entscheidungen zu treffen – aber auch darin, diese dennoch mit einer hohen Akzeptanz auszustatten. Dazu sei es unabdingbar, dem Bürger mit Respekt zu begegnen. In seinen politischen Ehrenämtern verstehe er sich als moderater Vermittler zwischen Gemeindevertretung, Bürgern und Amt. „Gutes Zuhören und Verständnis für das Gegenüber haben mir immer geholfen, meine Aufgaben zu erledigen“, sagte er. Er strebe stets pragmatische Lösungen und zügige Entscheidungen an, plädiere zugleich dafür, sich bei politisch sensiblen Themen mit großer Tragweite Zeit zum Diskutieren zu nehmen. Als Amtsdirektor wolle er eine Entwicklung begleiten, sagte Marco Kehling an den Amtsausschuss gerichtet, „die von Ihnen gewollt ist und nicht von außen kommt“. Zugleich stehe er für das „Erhalten und Bewahren des Guten“. Der Amtsausschuss wählte Marco Kehling bei einer Nein-Stimme mit übergroßer Mehrheit. Der Amtsantritt ist für 1. Mai geplant, heißt es in der Beschlussvorlage zur Wahl.

 

So wird der Bürgermeister gewählt

Auch in Lübben ist die Position des Verwaltungschefs neu zu besetzen. Allerdings heißt dieser dort Bürgermeister und nicht Amtsdirektor. Lübben und seine Ortsteile sind als Kommune groß genug, um eine eigene Verwaltung zu haben. Daraus ergeben sich einige Unterschiede zum Amtsmodell: So ist beispielsweise der Bürgermeister Teil der Stadtverordnetenversammlung mit Stimmrecht, der Amtsdirektor jedoch nicht. Im Amt gibt es mehrere Gemeinden mit eigenen Haushalten, plus Amtshaushalt, und eigenen Satzungen, in der Stadt fließt alles in einem Haushalt zusammen. Es gibt aber auch viele Gemeinsamkeiten: Sowohl Bürgermeister als auch Amtsdirektor sind Chef einer Verwaltung und bilden das Scharnier zwischen ihr, den gewählten politischen Vertretern und den Bürgern. Sie haben politische Beschlüsse vorzubereiten und umzusetzen. Dennoch läuft die Wahl beider unterschiedlich ab: Während ein Amtsdirektor in dem oben beschriebenen oder ähnlichen Prozessen ermittelt wird und bestimmte Voraussetzungen mitbringen muss, wird ein Bürgermeisterkandidat von Parteien, politischen Vereinigungen oder Wählergruppen bestimmt oder er tritt als Einzelbewerber an und muss sich schließlich dem Votum aller Wähler, nicht einem Amtsausschuss, stellen. Kandidaten müssen lediglich Deutsche oder Unionsbürger und mindestens 18 Jahre alt sein sowie ihren ständigen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.

 

In Lübben treten fünf Kandidaten und eine Kandidatin bei der Bürgermeisterwahl am 22. Mai an. Jens Richter (CDU) und Roy Barth (Die Partei) wurden von ihren Parteien nominiert, Annett Kaiser, Andreas Dommaschk, Mike Guttke und Maik Budich sind Einzelkandidaten. Drei der sechs Kandidaten sind Stadtverordnete: Jens Richter, Annett Kaiser (beide CDU-Fraktion) und Andreas Dommaschk (SPD-Fraktion), wobei letztere parteilos sind. Auf die Frage, was ein Bürgermeister für sein Amt mitbringen sollte und welche Eigenschaften davon sie persönlich mitbringen, antworteten die Kandidaten höchst unterschiedlich.

 

Annett Kaiser (52, selbstständig) führt viele Eigenschaften auf, die ein Bürgermeister haben sollte und die sie selbst mitbringt, wie sie sagt: von verantwortungsvoll und belastbar über zukunftsorientiert und kommunikativ bis zu realistisch, kritisch und teamfähig. Sie wisse, schreibt sie auf Anfrage von Wokreisel, zwischen „dringender Notwendigkeit und längerfristigen Problematiken“ zu unterscheiden. Zukunftsweisende Kommunalpolitik könne gut im Einklang mit Altbewährtem stehen. Eigenverantwortliches Arbeiten, strukturiertes Organisieren und das Führen von Personal seien gute Grundbausteine.

 

Jens Richter (47, Polizeibeamter) sieht es als Vorteil an, wenn man, wie er, aus der Kommunalpolitik komme, um einen Bezug zu den Menschen und den anstehenden Herausforderungen zu haben. „Wichtig ist auch die Frage: Wofür steht jemand?“, sagte er gegenüber Wokreisel. Förderlich sei es auch, verlässlich und kompromissbereit zu sein. Beides bringe er mit: Er lebe seit 2004 in der Stadt, kenne die Menschen und habe als Stadtverordneter und Vorsitzender des Bildungsausschusses in diesem Sinne gewirkt. Das Wichtigste ist ihm aber das aktive Gestalten – um die Stadt zu entwickeln und voranzubringen.

 

Für Mike Guttke (38, Bilanzbuchhalter) ist Kommunikation das A und O: Die Verwaltung sei ein Dienstleister für Bürger und dürfe nicht, alten Hierarchien entsprechend, von oben herab auf die Bürger schauen. Durch Kommunikation und Vertrauen wolle er den Ruf der Verwaltung verbessern und die Stadt voranbringen. Erfahrung bringe er aus der Arbeit in verschiedenen Bereichen großer Konzerne mit, von wo er Ideen in seine Arbeit einfließen lassen würde.

 

Andreas Dommaschk (58, Amtsdirektor) nennt „gute Ausbildung gepaart mit Berufserfahrung“ als wichtige Voraussetzung. Für Roy Barth (31, Ingenieur) müsse ein Bürgermeister die Gemeinde gut nach innen und außen führen können, außerdem sei Seriosität wichtig. Kommunalpolitische Erfahrung habe er noch nicht gesammelt. Maik Budich (39, Kommunalarbeiter) schließlich setzt darauf, dass er von denen gewählt werde, die ihn wählen wollen – daher sei es nicht nötig, seine Vorstellungen zu seiner Kandidatur kundzutun.

 

Prozedere für Bürgermeisterwahl wäre hilfreich

Während ein Amtsdirektor mindestens die Befähigung zum gehobenen allgemeinen Verwaltungs- oder Justizdienst oder vergleichbar sowie eine ausreichende Erfahrung für dieses Amt nachweisen muss, braucht ein Bürgermeister formal keinerlei Qualifikation. Denn er wird politisch aufgestellt oder er tritt als Einzelbewerber mit einer bestimmten Zahl an Unterstützerunterschriften an. Dabei muss er ebenso eine Verwaltung leiten können wie ein Amtsdirektor. „Das kann nicht jeder, auch nicht jeder Politiker“, sagt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Jochen Franzke, Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Politikwissenschaft, Verwaltung und Organisation an der Universität Potsdam. „Da muss man mit den Bürgern umgehen können, mit den Stadtverordneten. Es braucht vielseitige Kompetenzen, aber die spielen häufig eine geringere Rolle.“ Vielmehr gehe es darum, wie populär ein Kandidat ist und wie gut vernetzt.

 

„Jede Kommune könnte selbst bestimmen, dass sich Bürgermeisterkandidaten in geordneten Verfahren vorstellen.“
Jochen Franzke, Politikwissenschaftler

 

 

Aus seiner Sicht, sagt Jochen Franzke, würde es helfen, wenn es auch für Bürgermeisterwahlen ein gewisses Prozedere gibt, was in der Hauptsatzung einer Gemeinde festgeschrieben wird. Denn die Kommunalverfassung legt dazu nichts fest. „Jede Kommune könnte selbst bestimmen, dass sich Bürgermeisterkandidaten in geordneten Verfahren vorstellen. Bisher organisieren das Parteien oder Wählergemeinschaften. Das könnte man jedoch im Satzungsrecht festlegen“, schlägt er vor. Gut wäre es, wenn es eine gemeinsame Vorstellung aller Kandidaten gäbe – von der Kommune Stadt organisiert, nicht von den Parteien, die Kandidaten aufstellen, selbst. „Die Bürger sollten neutral erfahren, welche Fähigkeiten die Leute haben.“ In anderen europäischen Ländern würden Bürgermeisterposten ausgeschrieben – mit Hinweis auf erwartete Fähigkeiten in einem strukturierten Verfahren. „Aus politikwissenschaftlicher Sicht wäre das sinnvoll, wie das juristisch ist, kann ich jedoch nicht sagen“, erklärt er.

 

Für solche Verfahren müsste sich auch die ausschreibende Kommune überlegen: Wen wollen wir als Bürgermeister eigentlich haben? „Klassischerweise sagen die Deutschen: Der muss Jurist sein“, stellt Jochen Franzke fest. „Das ist aber ein falscher Ansatz. Der Bürgermeister muss Manager sein, er muss in er Lage sein, die Stadt voranzubringen. Jemand, der etwas verändert, und nicht jemand der erklärt, welche Paragrafen wichtig sind.“ Hinzu komme die Frage, in welche Lage sich die Kommune befindet: Sei die Finanzlage so, dass der Bürgermeister Entwickler sein kann oder muss er Sparer sein? Letztlich hänge die richtige Wahl auch von lokalen Wahlkulturen ab: „In Baden-Württemberg ist es Tradition, dass der Bürgermeister nicht aus dem Ort kommt, sonst, so die Vermutung, gebe es nur Vetternwirtschaft und Filz“, erklärt Jochen Franzke. „In Bayern ist es genau umgekehrt – dort werden die gewählt, die aus dem Ort sind. Da sind die Gefahren größer, dass man in ein Netzwerk von Interessen tritt.“ Diese oder jene Entscheidung habe Vor- und Nachteile: „Will man lieber einen klugen Menschen von außerhalb oder Abstriche bei der Qualifikation bei einem Einheimischen?“

 

Wahlforen in Lübben - und in Wildau

Die Diskussion, wen sie an der Spitze ihres Rathauses sehen möchten, müssen nun auch die Wildauer führen. Bürgermeisterin Angela Homuth ist am 3. April mit einer Mehrheit von knapp drei Vierteln bei einer Wahlbeteiligung von 46 Prozent abgewählt worden. Die Bürgermeisterwahl soll im Spätsommer stattfinden. Wie die Bürgerinitiative für Demokratie und Transparenz (BI), die das Verfahren angeschoben hatte, nach der Wahl mitteilte, hätten Bürger immer wieder ähnliche Wünsche dazu geäußert, wer die Stadt künftig führen soll: „ein Mensch, der mit seiner Lebenserfahrung integrieren kann und nicht spaltet, auf den man sich verlassen kann, jemand mit Herz und Verstand, sozialer und fachlicher Kompetenz“, heißt es in dem Schreiben. Die Bürgerinitiative wolle nach Ostern einen Kandidaten-Vorschlag unterbreiten, kündigt Christine Stüber-Errath von der BI an. Zudem sei geplant, die Kandidaten in einem Forum vorzustellen. Auch der SPD-Ortsverein in Lübben, der keinen eigenen Kandidatenvorschlag unterbreitet hat, plant gemeinsam mit dem Kreisverband der Garten- und Siedlerfreunde e.V. ein Forum, auf dem die fünf Kandidaten und die Kandidatin vorgestellt werden: am 21. April um 18 Uhr im „Haus der Kleingärtner“ in der Lubolzer Str. in Lübben.

Weitere Informationen

Veröffentlichung

Fr, 08. April 2022

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