Was junge Wähler wissen wollen
Wählen ab 16 – das gilt auch für die bevorstehende Landratswahl in Dahme-Spreewald. Was erwarten Jugendliche von den Kandidierenden und wie kommen diese bei ihnen an? Am Luckauer Bohnstedt-Gymnasium gab’s kürzlich eine Podiumsdiskussion samt Probewahl.
Von Dörthe Ziemer
Alles ganz klassisch: Die Kandidierenden sitzen auf dem erhöhten Podium der Aula des Bohnstedt-Gymnasiums und beantworten die Fragen von Hermine Müller und Marek Zillmann. Diszipliniert hören die 45 Schülerinnern und Schüler zu: Die Politik-Kurse der 11. und 12. Klasse sind im Rahmen des Unterrichts verpflichtet teilzunehmen. Die anderen Schüler sind, sofern sie wählen dürfen und in Dahme-Spreewald leben, freiwillig dabei. Am Ende wird einer der Schüler uns berichten, dass er während der Diskussion einzelne Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft hat. Das greifen wir für diesen Text auf, und schieben kursiv kurze Faktenchecks ein, wann immer es sich anbietet.
„Wir wünschen uns, dass Sie auch untereinander in eine rege, sachliche Diskussion treten“, erklärt Marek Zillmann die Spielregeln. Es gibt keine Redezeitbegrenzung, „aber wir behalten uns vor, Sie zu unterbrechen“. Die Kandidierenden dürfen sich der Reihe nach vorstellen, Steffen Kotré (AfD) beginnt, gefolgt von Susanne Rieckhof (SPD) und Sven Herzberger (parteilos). Der Applaus nach den ersten Statements ist so groß, dass die Moderatoren um lediglich einen Schlussapplaus bitten – sonst seien in anderthalb Stunden nicht so viele Fragen zu schaffen.
Vorstellung der Kandidierenden
Steffen Kotré ist derzeit Bundestagsabgeordneter, er spricht davon, dass das Land „auch auf kommunaler Ebene eine AfD-Grundierung“ brauche. „So, wie es momentan läuft, läuft es nicht zukunftsfest“, sagt er mit Verweis auf die Bundespolitik. Seine Motivation für die Kandidatur sei es, Politik „nicht über die Köpfe der Bürger hinweg“ zu entscheiden und dass „im Kreis eine realistische und ideologiefreie Politik Einzug hält“. Er erntet Gejohle aus einer Ecke des Saales.
Susanne Rieckhof freut sich über das Interesse der Anwesenden, denn sie werde von vielen Menschen gefragt, was eigentlich ein Landrat mache. Ihr Aufgabenspektrum aus ihrer Tätigkeit als Dezernentin und stellvertretende Landrätin ist ein Ausschnitt daraus: Bauverwaltung, Schulverwaltung (bauliche Ausstattung), Personal mit Gesundheitsmanagement. Ihr Ziel, sagt die Juristin und langjährige Richterin, sei eine „Zukunft, die für uns alle gut ist“. Von der Nähe zu Berlin solle der gesamte Landkreis profitieren.
Sven Herzberger stellt sich als einstiger Unterstufenlehrer, u.a. für Musik, vor. Dann folgte das Jura-Studium, heute ist er Bürgermeister in Zeuthen und Sprecher der Bürgermeister und Amtsdirektoren im Landkreis. Er stelle sich zur Wahl, sagt er, damit die Menschen eine Wahl haben: zwischen einem „Weiterso auf der einen und einer rechtspopulistischen Alternative auf der anderen Seite“. Sodann bläut er den Schülern ein, wo sie ihn auf dem Wahlzettel finden. Seine Flyer, ein „sympathisches Heftchen“, wie er später sagt, hat er da längst verteilt – als einziger Kandidat.
Laut Paragraf 47 (2) des Brandenburgischen Schulgesetzes ist politische Werbung in schulischen Veranstaltungen nicht zulässig. Laut Verwaltungsvorschrift gilt dies auch für Podiumsveranstaltungen im zeitlichen Umkreis von Wahlen.
Beim Forum im Luckauer Gymnasium: Hermine Müller, Marek Zillmann,
Steffen Kotré, Susanne Rieckhof, Sven Herzberger (v.l.). Foto: Dörthe Ziemer
Sanierung der Schulen
Die erste Frage betrifft – die Schulen. Hermine Müller fragt, wie die Kandidierenden die Sanierung an den Schulen vorantreiben wollen. Zur Wichtigkeit des Themas Bildung bekennen sich alle Drei. Steffen Kotré verweist erneut auf die „falsche Politik der Bundesregierung“ und verspricht, dass er die Verantwortlichen davon überzeugen wolle, das notwendige Geld für Schulen bereitzustellen. Der Landkreis habe „verschlafen, neue Schulen zu bauen“, man müsse sich „im Vorhinein Gedanken machen, wie viele Schüler kommen“.
Alle fünf Jahre erstellt der Landkreis eine Schulentwicklungsplanung, für die aktuelle Einwohner- und Schülerzahlen bei den Gemeinden abgerufen werden. Daraus werden Prognosen und Empfehlungen abgeleitet: Wo sind Bedarfe für mehr Schulplätze, wo sind eventuell Schulen im Bestand gefährdet? Seit 2017/18 wird die Planung jährlich in einem Monitoringbericht überprüft.
Auch Sven Herzberger will beim Land mehr Geld für Schulen einfordern. Er verweist darauf, dass für die weiterführenden Schulen die Trägerschaft beim Landkreis liegt.
Laut Schulgesetz, Paragraf 100, sind die Landkreise Träger von weiterführenden Schulen. Gemeinden können dies aber auf eigenen Wunsch auch sein. In Dahme-Spreewald sind derzeit alle Ober- und Gesamtschulen in Trägerschaft von Gemeinden, weil die betroffenen Gemeinden dies nach der Wende von 1989 bis heute so woll(t)en.
Zeuthen hat eine Oberschule in eigener Trägerschaft, berichtet Sven Herzberger. „Bei der Ausstattung sind wir weiter als der Landkreis“, sagt er und verweist auf Tablets, Whiteboards und einen eigenen Schulserver. Als Landrat wolle er einen Plan dafür entwickeln, „wie wir die Arbeit zügiger voranbringen als es bisher der Fall ist“.
Über die Ausstattung der Schulen, beispielsweise wie viele Schüler sich einen Computer teilen oder wie schnell sie surfen können, gibt die Seite Schulporträt Brandenburg Auskunft.
Susanne Rieckhof führt aus, wieviel Geld der Landkreis für die 23 Schulstandorte ausgibt – also für Gymnasien, Förderschulen, die Schule des Zweiten Bildungswegs und das Oberstufenzentrum. „Alle brauchen Geld, im ganzen Landkreis“, sagt sie. Pro Jahr investiere der Kreis rund 40 Millionen Euro, das Bohnstedt- Gymnasium seien zuletzt 1,5 Millionen Euro geflossen, darunter in eine neue Bestuhlung in Aula und die Neugestaltung des Schulhofes. Der Digitalisierungspakt sei planvoll umgesetzt. Mit dem Schulleiter sei sie im Gespräch zu weiteren Vorhaben, etwa Kunsträume unterm Dach.
Über die für 2023/24 geplanten Investitionen in Schulen gibt die Haushaltssatzung des Landkreises Dahme-Spreewald Auskunft (durchsuchbar nach Schulname).
In der Folge erleben die Schüler einen kleinen Schlagabtausch zwischen dem Bürgermeister und der Dezernentin beim wohl kontroversesten Thema in diesem Wahlkampf: den fehlenden Plätzen an weiterführenden Schulen. Sie habe drei Schulen an den Start gebracht, über weitere werde demnächst im Kreistag entschieden, sagt Susanne Rieckhof. „In Zeuthen ist das nicht der Fall – obwohl da viel drüber geredet wird.“ Sie hebt darauf ab, dass es in Zeuthen noch keine zweite Grundschule gibt. „Eltern wenden sich an mich und schildern, dass sie hinsichtlich der Grundschulsituation unzufrieden sind“, erläutert sie. „Die Frage ist: Wofür ist man zuständig?“, entgegnet Sven Herzberger. „Meine Aufgabe ist es, alle Zeuthener Kinder mit Kita-, Grundschul- und Gesamtschulplätzen für Zeuthener Kinder zu versorgen. Das ist erreicht.“ Die Gemeinde baue zudem einen multifunktionalen Erweiterungsbau für die bestehende Grundschule.
Digitale Kompetenz für Schüler und Lehrer
Marek Zillmann kommt zur nächsten Frage und möchte wissen, wie angesichts der Hardware-Ausstattung auch digitale Kompetenzen bei Schülern und vor allem Lehrern vermittelt werden können. Sven Herzberger gesteht, dass bei den digitalen Kompetenzen überall Nachholbedarf gebe, auch in der Verwaltung. „Wichtig ist, dass man permanent damit arbeiten kann, deshalb braucht man Geräte für alle.“ Lehrer bräuchten niedrigschwellige Angebote, allerdings werde deren Weiterbildung nicht vom Landkreis gesteuert.
Steffen Kotré wendet sich an die Schülerinnen und Schüler: „Wenn Software und Hardware da sind, ist es an Ihnen, sich da voll reinzustürzen.“ Im Internet gebe es viele Angebote mit Videos. Er selbst habe sich als Unternehmensberater auch mit Excel auseinandergesetzt. „Einfach machen und schauen, wie es funktioniert. Und sich Hilfe holen“, empfiehlt er. Später wird er für diese Aussage Kritik ernten.
Susanne Rieckhof erläutert, dass für die technische Ausbildung von Lehrern das Bildungsministerium zuständig ist. „Das läuft nicht besonders gut“, sagt sie. An der Volkshochschule, für die auch der Landkreis zuständig ist, habe es mal Weiterbildungsangebote gegeben, doch die seien nicht gut angekommen bei den Lehrern. Sie würde, sagt sie, auch gern mehr IT-Hausmeister einstellen. „Aber wir finden die Leute nicht, denn der öffentliche Dienst bezahlt nicht so gut wie die Wirtschaft.“
Ein kreisweites Schülerticket?
Ein wichtiges Thema für die Schüler ist auch der Schulweg. Hermine Müller möchte wissen, wie der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) einfacher gestaltet werden könne. Der Landkreis Oberhavel biete ein 9-Euro-Ticket für Schüler, ergänzt sie. Steffen Kotré sagt, nicht zum ersten Mal: „Das müsste man mal durchrechnen und abwägen, ob es eine Sache ist, die prioritär behandelt wird.“ Der ÖPNV bleibe das wichtigste Thema: Ein Schüler aus Schönefeld müsse nach Zeuthen oder Schulzendorf zur Schule, aber müsse ein Schüler aus dem Norden auch nach Lübben…?
Sven Herzberger berichtet, dass sich Landrat, die Beigeordneten sowie die Bürgermeister und Amtsdirektoren genau darüber unterhalten hätten. Daraus sei deutlich geworden, dass die Kosten für den Schülerverkehr pro Schüler und für den Schülerspezialverkehr deutlich gestiegen sind. Der Kämmerer des Kreises sehe aktuell noch keine Möglichkeiten so ein Ticket zu finanzieren. „Wenn wir wollen, dass die Menschen mehr ÖPNV nutzen, dann ist das genau richtig“, sagt er.
„Die Frage ist, was man sich leisten kann“, sagt Susanne Rieckhof. Sie verweist darauf, dass der Kreis einer der wenigen Landkreise sei, die eine kostenlose Schülerbeförderung anbieten. „Was wäre günstiger? Das müsste man mal durchrechnen.“ Alles, was einen vom Auto wegbringe, sei gut.
Im Landkreis Oberhavel können Schüler seit August ein Ticket für den gesamten ÖPNV für 9 Euro monatlich erwerben. Die Differenz von 40 Euro pro Ticket zum 49-Euro-Angebot übernimmt der Landkreis Oberhavel. Der Kreis rechnet mit Mehrkosten in Höhe von 2,3 Millionen Euro pro Jahr, mithin mit 5 Millionen Euro Kosten für die Schülerbeförderung.
In Dahme-Spreewald können die Schüler für ihren Schulweg kostenlos den ÖPNV nutzen (ab einer Entfernung von 2 Kilometern zur Schule und sofern sie in Dahme-Spreewald wohnen und zur Schule gehen). Dafür wendet der Landkreis Mehrkosten pro Jahr in Höhe von 700.000 Euro auf. In Dahme-Spreewald liegen die Kosten für die Schülerbeförderung bei rund 7,5 Millionen Euro, wobei die Hälfte auf reguläre Schülertickets entfällt, der Rest auf den Schülerspezialverkehr.
Sport und Logistik
Der ÖPNV spielt auch bei der nächsten Frage eine Rolle. Marek Zillmann spricht über Sportvereine, die vor zahlreichen Herausforderungen stehen: Im Winter müssen sich viele Vereine wenige Turnhallen teilen, außerdem sind Fahrten zu Wettkämpfen zu organisieren. Da stehe die Ausübung der Leistung manchmal gar nicht im Mittelpunkt, sondern die Organisation, stellt er fest. Was kann ein Landrat da tun?
Sven Herzberger will diese Frage nicht nur auf Sportvereine beziehen, sondern auf Freizeitbereich insgesamt. „Zeuthen unterstützt Sportvereine deutlich. Die Gemeinde hält Sportanlagen vor, und die Sportvereine dürfen die nutzen, sie sind im Gegenzug für Pflege der Außenanlagen zuständig“, berichtet er. Der Landkreis könne über die Sportförderung oder über Kreisstrukturfonds ebenfalls fördern. Allerding: Gerade beim Thema Sportstätten sei immer die „Tischdecke zu kurz. So ehrlich muss man sein.“
Mehr Sportstäten, darunter eine weitere Schwimmhalle im Süden des Landkreises, wünscht sich Susanne Rieckhof. Eine Lösung für mehr Kapazitäten wäre es, wenn bei Turnhallen die Möglichkeit zum Aufstocken gegeben wäre. Was die Wege zu Veranstaltungen betrifft, könne „das nicht alles der Landkreis bezahlen. Das muss über Sponsoren und Vereine erfolgen.“ Außerdem verweist sie auf die Sportförderrichtlinie des Landkreises, über beispielsweise die Sportwarte gefördert werden können und auf den Kreisstrukturfonds, aus dem schon Flutlichtanlagen und ähnliches gefördert wurden. Darüber hinaus gebe es viele Sportfördermöglichkeiten von Bund, Land, EU. „Kaum jemand kennt die, deshalb wollen wir eine Stelle zur Beratung von Ehrenamtlern schaffen“, sagt sie.
Sven Herzberger fällt da noch ein „Spaßbus“ als Alternative ein: Ein Bus könne sich über Anzeigen von ortsansässigen Unternehmen finanzieren und für Vereine eingesetzt werden. „Das ist privates Engagement. Wenn sich viele daran beteiligen bekommt man kleine Lösungen vor Ort hin“, sagt er.
Ohne privates Engagement gehe es nicht, pflichtet ihm Steffen Kotré bei. „Es geht aber auch nicht ohne Finanzierung durch den Landkreis und die Kommune“, sagt er. Menschen, die Leistung bringen wollen, müssten unterstützt werden.
Flächendeckendes Verkehrsnetz
Zum Thema flächendeckendes Verkehrsnetz hakt Hermine Müller nach: Wie wollen die Kandidierenden dieses entwickeln? Der ÖPNV sei eine freiwillige Leistung des Landkreises, erläutert Susanne Rieckhof, nur Schülerbeförderung sei im Schulgesetz vorgeschrieben. „Der ÖPNV kostet nicht nur viel Geld, uns fehlen auch die Busfahrer“, sagt sie. Deshalb müssten öffentliche, private und ehrenamtliche Angebote miteinander kombiniert werden. Als Beispiel nennt sie den ehrenamtlichen Bürgerbus in Lieberose. „Ein Riesenbus wird nicht in jedes Dorf fahren können“, schränkt sie ein. Es brauche einen großen Tisch, an dem alle sitzen, um ein stündliches Angebot für jeden Ort zu entwickeln.
Für Steffen Kotré ist wichtig, „dass der ÖPNV attraktiv bleibt“. Doch wie genau – da sei er überfragt. „Das muss man sich anschauen. Wenn ich Landrat bin, werden die Dinge gelöst.“ Es gehe um eine Häufung der Taktzeiten und darum „kleinteilige Lösungen“ zu finden. Wichtig sei, dass ein Angebot da ist, dann fahren die Menschen auch – und nicht umgekehrt.
„Beim ÖPNV liegen wir nah beieinander“, antwortet Sven Herzberger auf seine beiden Vorredner. Wie so oft bei diesem Thema erzählt er von einem Pärchen aus Zeuthen, das er in Luckau getroffen hat, weil es dort ein Haus baut. In Zeuthen würden sie 450 Euro für den Quadratmeter zahlen, in Luckau nur 75 Euro. Da müsse der ÖPNV eben so ausgebaut sein, dass man vom Süden in den Norden zum Arbeiten pendeln kann. Die Entwicklung des Verkehrs gehe aber so weiter, habe ihm kürzlich ein Autohändler gesagt, „dass in 10, 20 Jahren autonomes Fahren praxistauglich ist“.
Neue Unterkünfte für Geflüchtete?
Das letzte Thema der Moderatoren ist ein besonders brisantes: Es geht um Flüchtlingsunterkünfte und darum, dass immer mehr Flüchtlinge nach Deutschland kommen. „Weitere Unterkünfte werden benötigt“, sagt Marek Zillmann und fragt die Kandidierenden, ob sie sich für die Errichtung weiterer Unterkünfte einsetzen werden. „Ob der Landkreis weitere Unterkünfte braucht oder nicht, kann er nicht entscheiden“, antwortet Susanne Rieckhof. „Denn das Aufnahmesoll kommt vom Land, und die Landrätin muss es umsetzen.“ Aber es seien in diesem Jahr weniger Geflüchtete als erwartet aufgenommen worden, die Unterkünfte reichten derzeit.
Nach Informationen der Kreisverwaltung hat sich die Prognose für das Jahr 2023 für den Landkreis auf 1.520 aufzunehmende Personen verringert (bisher waren es 1.985 Personen). Im ersten Halbjahr des Jahres 2023 wurden dem Landkreis 494 Personen (Stand 31.07.2023) zugewiesen und in den 15 bestehenden Einrichtungen untergebracht.
„Die Unternehmen sagen mir, dass wir Menschen in der Pflege, der Gastwirtschaft, in Wäschereien, im Labor brauchen“, fährt Susanne Rieckhof fort. Die Menschen müssten sofort zu den Arbeitgebern kommen, die sie brauchen, „dann klappt es auch mit der Integration“.
Steffen Kotré widerspricht: „Da wird vieles durcheinander geworfen. Ein Prozent derer die zu uns kommen, sind verfolgt, wenn überhaupt.“
Insgesamt wurden laut Bundesamt für Migration in diesem Jahr bundesweit bis 31. August 220.116 Asylanträge gestellt (Erst- und Folgeanträge). Über 175.474 Anträge wurde entschieden. 37.754 davon wurden abgelehnt, 46.534 fallen unter „sonstige Verfahrenserledigungen“, das macht zusammen 48 Prozent. Die anderen Anträge wurden nach den verschiedenen Kategorien (Asylberechtigte oder Flüchtling) (17 Prozent) bzw. es wurde subsidiärer Schutz gewährt (26 Prozent) oder ein Abschiebungsverbot festgestellt (9 Prozent).
Steffen Kotré verwies auf mögliche finanzielle Aspekte. „Jeder Migrant kostet uns 450.000 Euro. Migration nutzt nicht, sondern kostet, auch wenn die Propagandamaschine der Bundesregierung etwas anderes rauswirft“, behauptet er.
Dazu eine Beispielrechnung: Die Bundeszentrale für Politische Bildung rechnet vor, dass 2021 alle Bundesländer zusammen rund 4,3 Milliarden Euro (Bruttoausgaben) für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgegeben haben. Insgesamt bezogen Ende 2021 rund 399.000 Personen in Deutschland Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das ergibt pro Person, wenn man die Rechnung so aufmachen möchte, rund 10.777 Euro.
„Die Einwanderergesellschaft muss selbst entscheiden, wer kommen darf“, sagt Steffen Kotré und stellt fest, dass „Arbeitsmigration noch was anderes“ sei. „Was passiert in Deutschland: 250.000 Menschen pro Jahr wandern aus, das sind hochqualifizierte Kräfte, dagegen muss man etwas tun.“
Tatsächlich sind laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2022 knapp 270.000 Deutsche weg- und 185.000 zugezogen. Bei den Nichtdeutschen waren es 936.000 Fort- und 2,5 Millionen Zuzüge.
Steffen Kotré hält die Diskussion in Deutschland für „vergiftet. Jeder der sich Gedanken macht und kritisch ist, muss befürchten, dass er schief angeschaut wird“, sagt er. Es gebe „keine vollständige Meinungsfreiheit“.
An dieser Stelle wünscht sich auch Sven Herzberger einen Faktencheck. „Dass wir hier diskutieren können, ist Ausdruck der Meinungsfreiheit, das soll so bleiben“, sagt er. Massenunterkünfte für Geflüchtete hält er grundsätzlich für schlecht: „dort isoliert man die Menschen“. Besser seien kleine Unterkünfte wie in Kolberg mit 24 Bungalows. In Zeuthen werde derzeit jede zweite Wohnung an eine Flüchtlingsfamilie vergeben. „Wir müssen es klar sagen: Wer Schutz sucht vor Krieg und Vertreibung, dem müssen wir diesen Schutz gewähren. Dazu braucht es förmliche und schnelle Verfahren.“
Schülerfragen und Probewahl
Es bleibt Zeit für zwei Schülerfragen, darunter jene nach Steffen Kotrés Vorschlag, sich eigenständig um Weiterbildung in der Digitalisierung zu kümmern: „Die Schule muss das 1x1 der Digitalisierung bereithalten“, erklärt er. „Aber wir müssen aus der Komfortzone herauskommen, jeder muss selbst schauen, wo er seine Chancen nutzen will.“
Ein weiter Schüler möchte von Susanne Rieckhof wissen, warum fünf kürzlich für 40.000 Euro angeschaffte Whiteboards recycelt werden sollen. Die Dezernentin erklärt, dass interaktive Tafeln für jeden Klassenraum ausgeschrieben seien, die zusammen 168.000 Euro für diese Schule kosten. Was die anderen Tafeln betreffe – diese Frage nehme sie mit. Vorstellbar sei, dass wenn eine Schule komplett neu mit einheitlichen Boards ausgestattet wird, die überflüssigen an andere Schulen gegeben werden.
Die Pressestelle des Landkreises teilt mit, dass dem Schulverwaltungsamt keine Informationen zu so einem Vorgang vorlägen. Die Schule teilte mit, dass die fünf Tafeln inzwischen an eine andere Schule gegeben wurden, aber ursprünglich entsorgt werden sollten. 2009 wurden demnach tatsächlich Tafeln mit Zustimmung des Schulleiters entsorgt, weil es den Hersteller gar nicht mehr gab, mithin Updates schwierig geworden wären.
Am Ende bleiben drei Abschluss-Statements der Kandidierenden. Der Kandidat der AfD bekam hörbar den meisten Applaus, doch nicht immer sind offenbar die Lauten in der Mehrheit, wie eine Probe-Abstimmung in der Schule ergab: Eine satte Mehrheit stimmte für Sven Herzberger. Die beiden Moderatoren hoffen nun auf eine rege Wahlbeteiligung. Eine Hilfe für die Wahlentscheidung sei die Diskussion auf jeden Fall gewesen, sagen sie.
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