Bestensee zwischen Dorf und Stadt
Bestensee wählt am 14. Mai einen neuen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin. Klaus-Dieter Quasdorf tritt nach 30 Jahren ab – nicht ganz in Ehren. Für die Wachstumsgemeinde in der Mitte des Landkreises geht es nun darum, ob sie wirklich groß werden will – in mehrfacher Hinsicht.
Von Dörthe Ziemer
Groß werden um der Eigenständigkeit willen – das war immer das Ziel von Klaus-Dieter Quasdorf. Er hat es erreicht. Bis heute ist Bestensee eine eigenständige Gemeinde, nach der Gemeindegebietsreform von 2003 um Pätz erweitert. Lebten 1981 noch rund 3.500 Einwohner in Bestensee, waren es Ende 2021 genau 8.752, inzwischen sind es über 9.000. Um die Eigenständigkeit zu bewahren, habe er immer 12.000 Einwohner angestrebt, sagt Klaus-Dieter Quasdorf. Wachsen und zugleich „ein Dorf bleiben“: Das wünscht er sich für seine Gemeinde. Er verweist auf das „städtische Viertel“ von Bestensee – die 850 Wohneinheiten in Blockbauweise rund um die Friedenstraße. Dort gebe es bereits so etwas wie städtische Anonymität.
Dass man sich kennt im Dorf, dass man mit den Menschen über Dinge redet, die man gemeinsam anpacken möchte: Das sei für Klaus-Dieter Quasdorf Grundlage seiner Arbeit gewesen, sagt er. „Mit den Leuten zu arbeiten, das hat mir immer großen Spaß gemacht“, erzählt er und nennt die Vereine und die Gewerbetreibenden als Beispiele. „Wir sind eine der wenigen Gemeinden, die alle Bauhauptgewerke in privater Hand vor Ort haben“, erwähnt er stolz. Wer sich mit der Bilanz des scheidenden Bürgermeisters beschäftigt, versteht, vor welchen Herausforderungen die Gemeinde heute steht. Und was sein/e Nachfolger/in anpacken muss.
Karrierestart vor der Wendezeit
Die Karriere von Klaus-Dieter Quasdorf begann noch vor der politischen Wende von 1989: Um dem Reservistendienst zu entkommen, trat er in die SED ein und wurde Mitglied der Kampfgruppe. 1983 wurde er als „Arbeitskader aufs Land geschickt“, erzählt er: In Bestensee war die Stelle des stellvertretenden Bürgermeisters zu besetzen. Es folgten Parteischule und die Funktion als Parteisekretär, ein Studium der Staats- und Rechtswissenschaften – und dann kam die Wende. In dieser Zeit veranstaltete er die Runden Tische in der Gemeinde, die Bürgermeisterin machte sich in den Ruhestand auf.
Klaus-Dieter Quasdorf in seinem Büro. Foto: Dörthe Ziemer
Doch Bürgermeister werden – das wollte er damals noch nicht. „Das Wahlgesetz sah vor, dass die Gemeindevertretung den Bürgermeister wählt“, erzählt Klaus-Dieter Quasdorf. „Aber wenn mich 18 Gemeindevertreter wählen können, dann können mich zwölf auch wieder abwählen. Das wollte ich nicht.“ Es folgte ein Job bei einer Versicherung mit vielen Erfahrungen mit Kollegen aus Westberlin. 1993 wurde das Wahlgesetz geändert und die Bestenseer Handwerker kamen auf ihn zu, ob er nicht wiederkommen wolle. Ende 1993 siegte er in der Stichwahl ums Bürgermeisteramt, am 20. Januar 1994 wurde er berufen, und eigentlich wollte er die 30 Jahre vollmachen. Doch zum 30. September geht er in den Ruhestand. Das lässt den erfahren und souverän wirkenden, kräftigen Mann nicht kalt. Eine Träne fließt mit, wenn er davon erzählt, wie er von langjährigen Wegbegleitern auf den Abschied angesprochen wird.
Die Dorfkirche in Bestensee - gedeckt mit gespendeten Biberschwanzziegeln. Foto: Dörthe Ziemer
Nach seinen größten Erfolgen befragt, nennt er zuerst: „viermal gewählt zu werden“. Als zweites folgt das Dach der Dorfkirche. „Das haben wir mit dem Pfarrer und den Gewerbetreibenden gemeinsam mit Biberschwanzziegeln saniert“, erzählt er. Er und der Pfarrer hätten Geld gesammelt. Für jeden bezahlten Biberschwanz gab es eine Urkunde für den Spender, und die Handwerker hätten es dann kostenfrei umgesetzt. „Wir haben vor Ort die Urkunden per Hand unterzeichnet“, erinnert er sich. Außerdem nennt er die Autobahnanbindung als wichtige Errungenschaft. Auch die Zollstockversteigerungen erwähnt er – die 19. in diesem Jahr. In Bestensee gibt es ein privates Zollstockmuseum, das diese Versteigerungen initiiert hat. Der Erlös wird für karitative Zwecke gespendet. Nicht zu vergessen die Bürgermeisterwette: Aus dieser sei beispielsweise der Radweg in den Ortsteil Pätz entstanden.
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage
Doch am Ende seiner Amtszeit stehen die Zeichen nicht gut für Klaus-Dieter Quasdorf. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin, zuständig für Korruptionsdelikte, hat Anklage gegen ihn und drei weitere Personen erhoben. „Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft sechs strafbare Handlungen angeklagt“, informiert Michael Höhr, Direktor des Amtsgerichts Cottbus. Zwei davon beträfen den Bürgermeister. Klaus-Dieter Quasdorf teilte im April noch mit, dass der zuständige Richter die Klage bisher nicht zugelassen habe. Durchsuchungen hätten bereits im September 2020 stattgefunden. Überdies sei es das vierte Mal, dass sich die Staatsanwaltschaft für ihn interessiere – bisher vergeblich, wie er sagt.
Die Anklagen an die angeschuldigten Personen seien im Juli 2022 zugestellt worden, teilt indes das Amtsgericht mit. „In der Folge sind die Akten an die verschiedenen Verteidiger versandt worden. Der Aktenumfang ist für amtsgerichtliche Verhältnisse erheblich“, informiert Michael Höhr. Vorteilsannahme und wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen – so lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft. Doch der Bürgermeister ist überzeugt: Er habe sich jedoch nichts vorzuwerfen, er habe kein Geld angenommen. Da das Verfahren noch nicht eröffnet wurde und mit Rücksicht auf dieses, macht das Amtsgericht zu den Einzelheiten der Tatvorwürfe keine konkreten Angaben. Wann das Verfahren eröffnet werde, stehe nicht fest.
Herausforderungen für Bestensee – und die/den Neue/n
Was bleibt, sind die Herausforderungen für die Gemeinde – und für die Nachfolgerin oder den Nachfolger von Klaus-Dieter Quasdorf. Dieser sieht die größten Herausforderungen darin, „dass wir eigenständig bleiben“ sowie in der Infrastruktur und in der Ärzteversorgung. Die wachsende Gemeinde platzt quasi aus allen Nähten: Eine neue Kita wird demnächst eröffnet, die Grundschule muss erweitert werden. Um eine weiterführende Schule hat sich die Gemeinde bisher vergeblich bemüht. „Die Gemeindevertreter haben gleich zwei private Schulen abgelehnt“, sagt der Amtsinhaber. „Dabei hätte man mit einem eigenen Fonds Stipendien an gute Bestenseer Schüler vergeben können, damit sie in diese Schulen gehen können.“ Für eine staatliche Schule gab es in der Schulentwicklungsplanung des Landkreises bisher kein grünes Licht. Als möglicher Standort war Bestensee im jüngsten Bildungsausschuss des Kreistages dennoch im Gespräch.
„Aktuell kann dem Ansinnen, in Bestensee eine weiterführende Schule zu errichten, nicht entsprochen werden“, teilt die zuständige Dezernentin beim Landkreis Susanne Rieckhof mit. „Denn wir haben gerade die Schule in Groß Köris erweitert und in Heidesee entsteht ebenfalls eine weiterführende Schule. Diese Standorte dürfen wir nicht gefährden.“ Aber wenn der Zuzug weiter anhalte, sei nicht ausgeschlossen, dass mittel- bis langfristig eine weitere Schule in der Region entstehen kann, wenn sich die anderen beiden Standorte etabliert haben.
Für ein Ärztehaus sieht Klaus-Dieter Quasdorf ebenfalls dringenden Bedarf. „Das liegt auch daran, dass unsere Umlandgemeinden keine Ärzte mehr haben und die Menschen nach Bestensee kommen“, erläutert er. Ihm schwebt ein Gesundheitszentrum vor – mit Angeboten zur Vorbeugung, Behandlung und Nachsorge. Ein Investor könne das Haus bauen und den Nutzern zur Verfügung stellen. Ein Grundstück gebe es dafür sagt er: das Gewerbegebiet in der Köriser Straße 5. Früher befand sich dort ein Möbelwerk. Die Gemeindevertreter beschlossen vor fünf Jahren, das 22.000 Quadratmeter große Grundstück für eine knappe Million Euro zu kaufen, um den Gewerbestandort zu erhalten. Dort befinden sich bis heute Gewerbebetriebe, das Gelände sieht jedoch wenig einladend aus – im Gegenteil.
Das Gewerbegrundstück in der Köriser Straße 5 soll entwickelt werden. Foto: Dörthe Ziemer
Dass es einer Entwicklung des Gebietes bedürfe, war bei der Beschlussfassung unstrittig. Bis heute ist jedoch nicht viel passiert. Mehrere Fraktionen hatten ein knappes Jahr nach dem Beschluss versucht, ihn wegen der hohen Kosten und anstehender Pflichtaufgaben im Bereich Kita und Schule aufzuheben, scheiterten jedoch. Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren gefordert, dass das Gewerbegebiet attraktiver gestaltet werden müsse, um die Flächen besser vermieten zu können. Wegen unzureichender Infrastruktur zahlten die Gewerbetreibenden zudem lange keinen Strom und die Sicherheit müsste dringend überprüft werden, geht aus einer Beschlussvorlage aus dem Jahr 2022 hervor. Die Mieteinnahmen für die Gemeinde, abzüglich der Aufwendungen, betragen laut Haushaltsplan ab 2023 rund 45.000 Euro pro Jahr, im Jahr 2022 waren es gut 20.000 Euro. Investitionen sind demnach nicht vorgesehen.
Sorgenfalten bei Bürgermeister und Gemeindevertretern
Es sind Diskussion um Objekte wie diese oder auch um das Baugebiet in Pätz, das seit vier Jahren bearbeitet wird, die dem Bürgermeister und den Gemeindevertretern die Sorgenfalten in die Stirn treiben: dem Bürgermeister, weil er Uneinigkeit und ein ständiges Hin und Her bei den Gemeindevertretern vernimmt, und letzteren, weil sie ihre Beschlüsse, etwa zu Machbarkeitsstudien und Konzepten, nicht umgesetzt sehen. „Wir verbrennen da viel Geld, wenn keine Entscheidungen getroffen werden“, sagt der Bürgermeister. Den Gemeindevertretern fehle es zuweilen „an Orientierung, sich nicht auf die eigene Partei zu konzentrieren, sondern auf die Gemeinde“, schätzt er ein.
Früher habe er regelmäßig mit den Fraktionsvorsitzenden zusammengesessen, sagt der Amtsinhaber. Diese „Elefantenrunden“ seien allerdings von vielen Wählern als nicht transparent wahrgenommen worden, es gibt sie nicht mehr. Doch damit fehle der regelmäßige Kontakt untereinander – und inzwischen sei der Vorwurf aufgekommen, er arbeite hinter verschlossenen Türen, erzählt Klaus-Dieter Quasdorf. Er kritisiert, dass Informationen aus internen Runden häufig nach außen weitergegeben worden seien. „Wenn man etwas schnell nach außen geben will, muss man es nur im nichtöffentlichen Teil der Gemeindevertretersitzung mitteilen“, sagt er ironisch.
Die Diskussionen um Themen wie das Gewerbegebiet in der Köriser Straße beschäftigen aber auch den Wahlkampf: Bleibt dort alles, wie es ist? Können die Gewerbetreibenden weiter ihrem Gewerbe nachgehen? Werden Rathaus und Gesundheitszentrum darauf gebaut oder gar eine Schule? Wo kommt das Geld für Planungen und Konzepte her? Was muss in die Infrastruktur investiert werden? Und was ist eigentlich mit dem Ortsentwicklungskonzept (OEK), das demnächst in die Beschlussfassung geht und für rund 43.000 Euro vergeben worden war? Es soll, heißt es in der Beschlussvorlage, „als übergeordnetes und informelles Instrument“ verschiedene Aufgaben übernehmen, u.a. als strategische Rahmen- und Schwerpunktsetzung und Instrument der interdisziplinären Zusammenarbeit in der Verwaltung.
Im Ortszentrum von Bestensee stauen sich an Ampel und Bahnübergang die Autos. Foto: Dörthe Ziemer
Nun liegt es im Entwurf vor und regt beispielsweise längerfristig eine zentrale Umgestaltung der Ortsmitte am Bahnhof an. Lösungen für die Stau-Verursacher Ampel und Bahnschranke müssen gefunden werden, eine Tangente als schnellere Zuwegung in die Wohngebiete soll es geben und mehr. Das Konzept zeige Probleme auf, aber keine Lösungen, sagt er Amtsinhaber. Für ihn sei der Flächennutzungsplan das eigentliche OEK: Dieser weist aus, wo Wohnen, Gewerbe und weiteres Bauen stattfinden dürfen. „Wir haben also viel Geld ausgegeben für etwas, was wir schon wissen.“
Was die Kandidierenden vorhaben, sollten sie ins Rathaus einziehen, haben wir in zwei Themenkomplexen abgefragt: Wir wollten wissen, wie sie das OEK als Instrument der Ortsentwicklung ein- und umsetzen möchten und wie sie die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeindevertretung gestalten wollen. Abschließend haben wir ihnen auch je eine spezielle Frage gestellt:
Jürgen Ostländer
… hat auf unsere zweifache Anfrage für ein Gespräch nicht reagiert, uns aber zu einer seiner Wahlveranstaltungen eingeladen. Aus Gründen der Vergleichbarkeit der Kandidierenden haben wir darauf verzichtet.
Tritt an für: Wählergruppe Plan Bestensee 2025 (Plan Bestensee)
Geburtsjahr: 1960
Beruf: Polizeivollzugsbeamter im Ruhestand
Web:
Oliver Calov
… über das Ortsentwicklungskonzept (OEK):
Ich würde mich nicht so sehr nur auf das Konzept fokussieren, denn es gibt viele strukturpolitische Probleme in der Gemeinde. Das wird im OEK angesprochen. Einen absoluten Schwerpunkt hat der Verkehrsfluss durch Bestensee. Jeder, der da zur Hauptverkehrszeit durchfährt, ist genervt. Da kann man schon mal eine halbe Stunde im Stau stehen. Deshalb lautet mein Slogan, zugegeben etwas plakativ: „Die Ampel muss weg“. Denn ab und zu fällt der Strom tatsächlich mal aus, und schon gibt es keinen Stau mehr. Die Ampel schafft Probleme und löst sie nicht. Die Deutsche Bahn verlangt die Ampel auf einer gesetzlichen Grundlage. Mit der Bahn muss man sprechen, und wenn man da keine Lösung findet, muss man die Ampel anders steuern und Straßen zur Umfahrung ausbauen.
Aus unserer Perspektive ist es wichtig, das OEK besonders intensiv anzuschauen und Schwerpunkte zu definieren. Die definiert nicht das OEK – das ist ein Sammelsurium aus Ideen. Die Schwerpunkte definieren dann wir als Verwaltung mit den Amtsleitern und priorisieren sie nach Machbarkeit und zeitlichen Abläufen. Dann gehen wir mit den Fraktionen ins Gespräch und suchen Mehrheiten, wie das in der Demokratie üblich ist.
Positiv am jetzigen Zeitpunkt der Bürgermeisterwahl ist, dass 2024 die Gemeindevertretung neu gewählt wird. Wenn wir uns jetzt durchsetzen, ist das eine Botschaft, damit die eigene Fraktion, die eigenen Vorstellungen besser repräsentiert sind – dann wird es mit den Mehrheiten einfacher.
… über die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeindevertretung:
Hier müssen wir trennen: Das eine ist die Gemeindevertretung, die lob‘ ich mir weitestgehend. Wir machen zwar immer noch zu viele kleine Schritte. Wir müssen noch stärker strategische Planungen machen und die Gemeindevertretung einbinden. Bis dato funktioniert in Sachfragen die Zusammenarbeit gut – mit den Fraktionen. Da sind Mehrheiten zu finden. Auf kommunaler Ebene wird doch nicht so vieles hochgekocht.
In der Verwaltung wird ein neuer Kopf frischen Wind bringen. Ich pflege eine kollegiale, lösungsorientierte Herangehensweise. Man muss die neuen Amtsleiter mitnehmen, die sind der engste Rat um einen herum. Eine Sache, die ich anders machen würde: In der Stellenkonzeption würde ich eine Stelle schaffen, die dem Bürgermeister direkt nachgeordnet ist: einen Strategiereferenten, jemand, der nicht ins tägliche Gewusel eingebunden ist, sondern sich im Rahmen meiner Vorstellungen und der der Gemeindevertretung und im Rahmen des OEK Gedanken macht, was man in der Gemeinde positiv ändern kann – über die Tagespolitik hinaus. Damit hätte die Gemeinde selbst ein OEK ausarbeiten können, jetzt wurden tausende Euro ausgegeben… Und man hört immer wieder aus der Verwaltung: „Wir haben so viele Aufgaben, wir kommen über Tagesaufgaben nicht hinweg.“ Das ist ein Warnsignal: Da stimmt etwas nicht. Natürlich muss man immer den Blick auf einen seriösen Haushalt wahren, aber auch die richtigen Weichenstellungen setzten.
… über die Frage, wieviel AfD in Oliver Calov steckt:
Ich bin zu 100 Prozent AfD, ich wäre das nicht, wenn ich nicht überzeugt wäre. Oft sind kommunale Fragen anders als die klassischen bekannten Bundesthemen. Aber es gibt ein Leitmotiv: AfDler nennen sich bewusst konservativ: Heimat und Kulturbewahren, die Schätze aus der Vergangenheit mitnehmen und Traditionen bewahren, und damit die Zukunft moderat gestalten. Deshalb möchte ich den Heimat- und Kulturverein ausdrücklich stützen und ihn finanziell noch viel mehr fördern.
Dann gibt es noch ein umstrittenes Thema, wofür die AfD klar steht: die Beendigung der irregulären Massenmigration. Wir haben knappe Haushaltskassen, überforderte Kommunen, Wohnungsnot, steigende Mietpreise, kulturelle Bedrohung, Sicherheitsfragen. Als Bürgermeister werde ich mich auf den höheren Ebenen (wissend, dass der Einfluss gering ist), bei Land, Bund, Kreis, dafür einsetzen, dass wir nicht „überschwemmt“ werden. Integration funktioniert nur, wenn sie homöopathisch ist.
Außerdem ist Opposition auf Dauer Mist.
Tritt an für: Alternative für Deutschland (AfD)
Geburtsjahr: 1972
Beruf: Jurist/Finanzökonom,
derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter der AfD-Bundestagsfraktion
außerdem: Gemeindevertreter
Roland Holm
… über das Ortsentwicklungskonzept (OEK):
Es ist wichtig, dass man die erarbeiteten Punkte aufnimmt und umsetzt. Das OEK hat ja viel Geld gekostet. Wichtig ist es, die Belange der Bürger aufzunehmen und umzusehen. Unser Problem ist: Ein richtiges Ortszentrum gibt es nicht. Die Ortsmitte liegt eigentlich mitten im Pätzer Vordersee. Im Zuge der Bauaktivitäten wurden viele Flächen für ein Zentrum verschlossen. Wo heute die Bäckerei Wahl steht, war früher unsere Festwiese: Dort gab es Dorffeste und den Ostermarkt. Das fehlt. Trotzdem würde ich diese Ortsmitte so lassen, wie sie ist.
Um Ruhe reinzubringen, ist das primäre Ziel die Entlastung des Verkehrs – durch eine Umgehungsstraße. Das ist eigentlich zweischneidig: Man will den Verkehr rausholen, zieht aber auch die Käuferklientel raus, die spontan noch anhält, um etwas zu besorgen. Und Natur würde durch eine Umgehungsstraße vernichtet – wir müssten Bäume fällen für breitere Straßen und Verkehrsanlagen. Das ist jedoch realistischer als ein Tunnel. Man muss da ehrlich sein: In den kommenden acht Jahren ändert sich nichts. In Bezug auf die Ampel sehe ich eine große Verantwortung bei den Bundesbehörden.
… über die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeindevertretung
Es ist ein gesellschaftliches Problem: Wir müssen uns wieder mehr vertrauen und einander zuhören. Unser Kommunikationsproblem liegt darin, weil jeder eine Vorgeschichte mitbringt. Wir sind in einem Dorf, jeder kennt jeden, man ist mal angeeckt. Das potenziert sich, und dann gibt es verhärtete Fronten. Ich hatte bisher noch kein politisches Amt inne - das ist mein Plus. Ich habe mit niemandem eine Vorgeschichte. Alle können mit mir ins Gespräch kommen. Der Tenor muss sein: Wir arbeiten gemeinsam für den Ort. Derzeit ist es eher ein Tauziehen – mal gewinnt der eine, dann der andere. Aber es geht nicht ums Gewinnen, sondern darum, den Ort voranzubringen. Man muss nur schauen, was in den letzten Jahren hier passiert ist: Die Projekte wurden nicht von einem allein umgesetzt
Wir brauchen Amtsleiter, die ihre Mitarbeiter motivieren. Ich möchte eine Lanze brechen für die Kollegen: Wir sind Menschen, die seit Jahren und Jahrzehnten diesen Job ausführen. Wir wissen, was zu tun ist. Im normalen Tagesgeschäft hat jeder seine Aufgaben und führt die aus. Was für Mitarbeiter jedoch demotivierend ist, dass es keine Konsequenzen hat, wenn man bewusst Fehler macht. Das ist ein Problem des öffentlichen Dienstes: Die Leute sehen, wo etwas nicht läuft – aber es hat keine Konsequenzen.
Insgesamt würde ich sagen, die Mitarbeiter sind motiviert und haben Bock auf ihren Job. Aber sie leiden darunter, wie die Kommunikation zwischen Verwaltungsleitung und Gemeindevertretung läuft. Es wäre eine enorme Arbeitsverbesserung für die Mitarbeiter, wenn die Gemeindevertreter nicht einfach so ins Rathaus kämen und ihre Fragen stellen, denn es wird alles auf die Goldwaage gelegt.
Ich bin ein entspannter Typ. Bei aller gebotenen Ernsthaftigkeit müssen wir ein bisschen dorthin zurückkommen, Spaß bei der Arbeit zu haben und für die Menschen zu arbeiten. Dazu sind wir auch auf Hinweise von Einwohnern und Gemeindevertretern angewiesen. Aber es muss auch Verständnis dafür geben, wenn die Gemeinde nicht zuständig ist.
…darüber, wie es ist, als Rathausmitarbeiter vielleicht Bürgermeister zu werden:
Mein Vorteil ist: Ich kenne die Mitarbeiter mit ihren persönlichen Charaktereigenschaften und Bauchschmerzen untereinander. Aber es ist immer ein Nachteil, wenn man vorher Kollege war und plötzlich Dienstvorgesetzter. Es ist vielen bewusst, dass es dann einen Paradigmenwechsel gibt. Damit muss man klarkommen.
Die Kollegen, mit denen ich Gespräche geführt habe, haben mich bestärkt. Ich sage aber auch, dass ich dann vielleicht Entscheidungen treffen muss, die ihnen gegen den Strich gehen. Ich rede lieber Klartext statt um den heißen Brei herum.
Man muss natürlich auch aufpassen, dass man nicht in einer Blase bleibt.
Tritt an als: Einzelwahlvorschlag
Geburtsjahr: 1987
Beruf: Verwaltungsbetriebswirt,
derzeit Pressesprecher der Gemeinde Bestensee
Thomas Irmer
… über das Ortsentwicklungskonzept (OEK):
Ein blaugrünes Bestensee – endlich hat mal jemand aufgeschrieben, was uns ausmacht! Das OEK ist die Basis unserer Entwicklung, die uns zeigt, wohin es geht. Aber die Umsetzung ist nicht so einfach. Es gilt nicht: Jetzt ist es beschlossen, nun wird es umgesetzt. Das OEK braucht man vor allem, um Fördermittel beantragen zu können. Es ist der Türöffner für sämtliche Stadtentwicklungsprogramme und das Handwerkszeug, um in bestimmte Förderkulissen reinzupassen. Deshalb braucht es auch eine eigene Stelle für diesen Aufgabenbereich, die ich schaffen werde.
Meine Aufgabe als Bürgermeister wird es sein, das zu umzusetzen, was im OEK steht – nach den Wünschen der Gemeindevertreter sowie den Ergebnissen aus Bürgerbeteiligungen. Die Bürger waren ganz am Anfang der Erstellung des OEK dabei, aber wir müssen sie bei jedem weiteren Schritt mitnehmen.
Das OEK muss leben und darf nicht statisch sein. Wir müssen es alle fünf Jahre fortschreiben. Jeder, der schon mal ein Konzept geschrieben hat, weiß, dass nicht alles umgesetzt werden kann. Es ist eine Richtschnur. Am wichtigsten ist nun, dass sich die Fraktionsvorsitzenden mit der Verwaltung an einen Tisch setzen und eine Prioritätenliste erstellen. Die Verwaltung ist der Umsetzer, Gestalter sind die Gemeindevertreter.
Insgesamt ist das OEK eine wichtige Basis um zu wissen, wo man steht.
… über die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeindevertretung
Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Gemeindevertretung ist ja eigentlich die zwischen Bürgermeister und Gemeindevertretern. Früher gab es gemeinsame Fraktionsvorsitzenden-Runden, die werde ich wieder einführen. Der Bürgermeister ist der Chef der Verwaltung, für die großen Entwicklungen brauche ich die Gemeindevertretung. Deshalb muss man den Kontakt pflegen, und das hat in den vergangenen Jahren gelitten. Dabei geht es erstmal um die organisatorische Komponente: Es braucht Vorbesprechungen, um zu schauen, welche Themen und Vorlagen überhaupt sinnvoll sind. Diese werden dann öffentlich gemacht.
Dazu ist es wichtig zu erfahren, was die Gemeindevertretung vom Bürgermeister erwartet: Jede Fraktion hat da ihre Wünsche: Zu welchen Ausschüssen soll er kommen, welche Art von Bericht des Bürgermeisters soll es sein? Das gab es in den letzten Jahren so gut wie gar nicht. Es gab eher das Gefühl, dass der Bürgermeister sein Rathaus regiert und seine Gemeinde vertritt, aber die Gemeindevertreter nicht zur Kenntnis genommen werden. Dagegen kann man aber etwas tun: Respekt, Anerkennung und dass jeder seine Rechte und Pflichten kennt.
Was erwartet den neuen Bürgermeister? Erst einmal offene Stellen. Der Ordnungsamtsleiter hat freiwillig gekündigt, nach 30 Jahren. Er war ein zuverlässiger Mitarbeiter. Die Bauamtsleiterin geht in Rente. Es wird nach Hilfe gerufen, und keiner antwortet. Das sehe ich als größte Herausforderung. Mein Plan ist es, die Mitarbeiter zu motivieren, ihnen absolute Wertschätzung zu zeigen. Wichtig ist die Kommunikation: Jeder Mitarbeiter darf jederzeit vor der Tür des Bürgermeisters stehen.
Wir müssen neue Fachkräfte gewinnen, allen voran neue Amtsleiter. Das ist eine Riesenaufgabe – man steht in Konkurrenz zu den Nachbarkommunen. Man muss ein Bonusmodell einführen, das gerade vom Bürgermeister abgelehnt wurde. Das wird ein bisschen Geld kosten. Auch Fortbildung muss es regelmäßig geben – die Zeit muss man den Leuten geben. Und ihnen Aufstiegschancen bieten. Vielleicht sitzen ja schon potenzielle Amtsleiter im Rathaus? Ich glaube, dass da gut qualifizierte Leute sitzen, die momentan nicht gefördert werden.
… über die Frage, was ein SPD-Bürgermeister ohne eigene Fraktion tut:
Bei einer klaren Aufgabenwahrnehmung ist das völlig unerheblich. Der Bürgermeister ist unpolitisch – ich habe zwar ein Parteibuch, aber als gewählter Beamter habe ich einen klaren Auftrag. Da bleibt das Parteibuch vor der Rathaustür. Auf dieser Basis kann man gute Arbeit machen. Mein Vorteil ist, dass ich in keinem System drinstecke: Ich bin kein Gemeindevertreter und kein Mitarbeiter. Ich habe den neutralsten Blick auf die Gemeinde. Bei Streit bin ich außen vor. Ich suche gern nach Lösungen.
Tritt an für: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)
Geburtsjahr: 1984
Beruf: Sachbearbeiter Wirtschaftsförderung in der Stadtverwaltung Storkow
außerdem: von 2014 bis 2019 Gemeindevertreter
Anja Kolbatz-Thiel
… über das Ortsentwicklungskonzept (OEK):
Unsere Probleme sind ja grundlegender: Wir müssen erst einmal eine arbeitsfähige Verwaltung haben. In Bezug auf die Ortsentwicklung ist der Bereich vor Bäckerei das größte Problem. Wir müssen den Ortskern entlasten, aber es wäre ein großer Aufwand z.B. die Tankstelle zu verlegen. Kurzfristig müssen wir erst einmal wegen der Ampelschaltung bei der Bahn Druck machen. Dann wäre eine Entlastung über die Straße Unter den Eichen möglich, dann würde schon viel Verkehr nach Motzen abfließen. Wir müssen uns um die Schulwegsicherung kümmern, Bürgersteige barrierefrei machen, Übergänge über Kopfsteinpflaster herrichten und kombinierte Geh- und Radwege wieder einrichten.
Um das OEK umzusetzen, muss man erst einmal herausfinden, welche Gespräche in der Verwaltung zu welchen Themen schon geführt wurden. Wir Kandierenden sind ja fast alle Gemeindevertreter oder Quereinsteiger. Da fehlt der Hintergrund aus Verwaltung.
Wichtig ist auch die Ärzteversorgung, wir haben zum Beispiel keinen Kinderarzt. Dazu müssen wir die Voraussetzung schaffen: Räumlichkeiten herrichten, zusammen mit einem neuen Verwaltungssitz, also ein Verwaltungs- und Gesundheitszentrum schaffen. Da könnten wir alle voneinander profitieren an einem Standort. Auch ein Begegnungszentrum in zentraler Lage, z.B. am Königlichen Forsthaus, ist wichtig.
… über die Zusammenarbeit zwischen Bürgermeister, Verwaltung und Gemeindevertretung
Die Herausforderungen sind gar nicht so groß: Man muss es nur wollen. Teamarbeit ist das A und O. Nach der Kommunalwahl 2019 hatte sich die Sitzverteilung verändert. Vorher hatte unsere Fraktion eine Mehrheit. Das hatte den Vorteil, dass man verschiedene Themen leichter durchbringen konnte. In der Opposition muss man sich die Mehrheiten suchen, die Fronten haben sich verhärtet. Dadurch erleben wir viel Stillstand, es wird viel zerredet und zeitlich blockiert. So hätte beispielsweise das Vereinshaus eher eröffnet werden können.
Wir müssen wieder mehr miteinander arbeiten. Fraktionsübergreifend muss man sich die Fachleute ins Boot holen: In jeder Fraktion gibt es ja kluge Köpfe. Das wurde nicht praktiziert. Wieder mehr Kompromisse finden, ist wichtig. Das ist besonders wichtig bei der Infrastruktur. Der Ort muss sich maßvoll entwickeln. Wir dürfen nicht nur Zuzug generieren, sondern die Infrastruktur muss mitwachsen. Nach meinem Empfinden habe ich zu allen Gemeindevertretern einen guten Draht, bin gesprächsbereit und lasse mich gern überzeugen.
Unserer Fraktion wird ja eine extreme Nähe zum Bürgermeister unterstellt, gemeinsam haben wir viel Gutes bewirkt, viele Straßen gebaut. Wir waren eine starke Fraktion und haben Hand in Hand mit ihm gearbeitet. Der Bürgermeister hat viel für Bestensee getan, aber 29 Jahre sind zu viel. Es tendiert jetzt in Richtung Betriebsblindheit, zum Nachteil der Gemeinde.
Innerhalb der Verwaltung möchte ich das Miteinander fördern und dort Harmonie herstellen. Wir müssen da schließlich Qualitätsarbeit leisten. Umso wichtiger ist es, dass die Verwaltung genügend Personal hat. Die Stellenbeschreibungen müssen überarbeitet und neu eingruppiert werden. Zum Teil ist das Personal unterbezahlt. Andere Kommunen zahlen mehr. Wir müssen die Mitarbeiter-Bindung stärken und wir müssen ausbilden. Wir brauchen starke Amtsleiter, das Miteinander mit dem Chef muss auf Augenhöhe passieren. Es soll eine neue Stabsstelle für Vergaben und Fördermittel geben. Wir verschenken viel Geld, wenn wir Fördermittel nicht in Anspruch nehmen. Ich habe derzeit viel mit Förderungen im Mehrgenerationenhaus zu tun – da kommen täglich viele Dinge rein, das kann man nicht nebenbei machen.
… als frühere Gewerbetreibende über ihren Plan zum Gewerbegebiet Köriser Straße
Das Gelände muss konzeptionell gestaltet werden. Das ist bislang nicht passiert. Es ist ein Filetstück, was man nicht aus der Hand geben, sondern Einfluss auf dessen Entwicklung nehmen sollte. Das war damals als Gemeindevertreter unser Argument, dem Kauf zuzustimmen, obwohl wir uns schwergetan haben. Die Gewerbetreibende hatten Angst, dass sie weichen müssen, aber das Gewerbe ist wichtig für unsere Gemeinde. Wenn es ein gutes Konzept gibt, lässt sich mehr Gewerbe ansiedeln. Wir müssen es stärken, um Einnahmen zu generieren. Ich weiß, wie wichtig die Unternehmer sind, weil sie vieles im Ort unterstützen. Es gibt also dringenden Handlungsbedarf - parallel zu anderen Infrastrukturvorhaben.
Tritt an für: Wahlverein Zukunft für Bestensee/Pätz e.V.
Geburtsjahr: 1977
Beruf: Projektkoordinatorin
derzeit Leiterin des Mehrgenerationenhauses Bestensee
außerdem: Gemeindevertreterin
Aufgezeichnet von Dörthe Ziemer;
Reihenfolge laut Wahlbekanntmachung/Stimmzettel
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