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Grundwasser: lokal knapp

Wasserfreie Flussbetten, Staubwolken auf Feldern – die Trockenheit der vergangenen Sommer ist sichtbar. Zahlreiche Grundwasserspiegel sinken, auch in Dahme-Spreewald. Dem stehen weitere Bevölkerungszunahme, hohe Wassernutzung und fortschreitender Klimawandel gegenüber.

 

Von Dörthe Ziemer

 

Eine gute Nachricht vorweg: Brandenburg gehört zu den Ländern, in denen Daten zum Grundwasserspiegel an verschiedenen Messstellen erhoben und transparent kommuniziert werden. Diese Daten wurden in einer gemeinsamen Kooperation von CORRECTIV.Lokal und Wokreisel durch Scrapen, also das Herunterladen der Daten von der Behörden-Webseite, aufbereitet:

 

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Für Brandenburg hat Correctiv.Lokal 899 Messstellen erfasst, darunter 44 in Dahme-Spreewald. Elf von diesen weisen sinkende Grundwasserspiegel auf, also ein Viertel. Bundesweit sind etwas weniger als ein Viertel aller Spiegel in den vergangenen 30 Jahren gesunken; in 150 Landkreisen gibt es extrem sinkende Messstände. Brandenburgweit sanken etwas mehr als ein Viertel der Grundwasserspiegel. Die meisten Grundwasserspiegel-Tiefstände in Brandenburg wurden in den vergangenen drei bis vier Jahren gemessen, in Dahme-Spreewald zum Beispiel 6, 5, 14 und 6 Tiefstände pro Jahr (2018-2021) statt zuvor im Schnitt nur ein Tiefstand. Statistisch gesehen fehlt Brandenburg in diesem Zeitraum ein ganzes Jahr Regen: 432 Millimeter.

 

„Mehr Extremereignisse sorgen für mehr Dynamisierung, das führt zu episodischer lokaler und regionaler Grundwasserknappheit.“
Prof. Dr. Jan Fleckenstein, Leiter des Department Hydrogeologie vom Helmholtz Institut in Leipzig

 

„Klar ist: Das ist nicht mehr abzuwenden, das wird regelmäßig passieren“, sagte die Grünen-Landtagsabgeordnete Isabell Hiekel kürzlich bei einem Vortrag in Lieberose. Das wiederum erschwert das Wassermanagement. „Mehr Extremereignisse sorgen für mehr Dynamisierung, das führt zu episodischer lokaler und regionaler Grundwasserknappheit“, sagt Prof. Dr. Jan Fleckenstein, Leiter des Department Hydrogeologie vom Helmholtz Institut in Leipzig. Die Grünen-Fraktion im Landtag hat Ende September das Positionspapier „10 Grüne Impulse für die Sicherung unserer Wasserressourcen“ vorgelegt. „Die Wasser- und Trinkwasserversorgung stehen bereits heute in manchen Regionen vor großen Herausforderungen“, heißt es zur Einführung. „Die steigende Nachfrage nach Wasser vor allem im Berliner Umland kann mit sinkenden Grundwasserständen nicht mehr gedeckt werden.“ Das bestätigt Peter Sczepanski, Verbandsvorsteher beim Märkischen Abwasser- und Wasserzweckverband (MAWV). Zwar müsse sich noch niemand um die Trinkwasserversorgung in den kommenden Jahren Gedanken machen, sagte er kürzlich der Märkischen Allgemeinen. Doch der Zuzug von Menschen vor allem in den Norden des Landkreises, aber auch darüber hinaus, hält an. Zugleich würden die Wasserverbräuche pro Person weiter steigen.

 

Was jeder selbst tun kann – und was die große Politik tun muss

 

Dem sinkenden Wasserdargebot durch weniger Regen steht also eine steigende Wassernutzung gegenüber, machte Isabell Hiekel in Lieberose deutlich: beim Verbrauch an Trinkwasser etwa, aber auch in der Landwirtschaft und Industrie. Hinzu kommen immer mehr Privatpools, Duschen, Kleingärten. Jeder ist also gefragt, Wasser zu sparen. Dem Vortrag in Lieberose folgte eine lebhafte Debatte darüber, was schon heute alles möglich wäre: Wasserzähler beim Wasserverbrauch in der Landwirtschaft, Regulierungen zu Wässerungszeiten (nicht tagsüber), Tröpfchenwässerung statt Beregnung, Anpassung bei der Sortenauswahl in Landwirtschaft und Gartenbau, Waldumbau, strengere Aufbereitung des Wassers im Klärwerk (vierte Reinigungsstufe), Verzicht auf Golfplätze, nasse Moornutzung etwa mit Wasserbüffeln, Brauchwasserspülung im Eigenheim und und und. Die Zuhörer bekamen ein Gefühl dafür, was jeder selbst tun kann – und was die große Politik tun muss.

 

Die Berste bei Lübben führt regelmäßig Wassertiefstände. Foto: Karen Ascher

Die Berste bei Lübben führt regelmäßig Wassertiefstände.

Wassertiefstand in der Berste bei Lübben. Foto: Karen Ascher

Wassertiefstand in der Berste bei Lübben. Fotos: Karen Ascher

 

„Die Überwachung und Kontrolle, wie Industrie und Landwirtschaft das Grundwasser nutzen, ist nicht ausreichend“, kritisiert Claudia Pahl-Wostl, Professorin an der Universität Osnabrück, Fachbereich Geografie. Dazu braucht es eine gute Datenbasis. Doch nicht in allen Bundesländern werden die Messstände so erhoben, dass die Daten nutzbar sind. Insgesamt hat das Datenteam von Correctiv.Lokal von 23.805 Messstellen Daten bekommen, davon konnten nur 6.677 genutzt werden. Das lag teilweise an fehlenden Messungen oder auch daran, dass Daten ohne Koordinaten übermittelt wurden. „Die Verwaltung muss sich mit dem Thema befassen, die Daten sammeln und auswerten, verstehen, was und warum es passiert, welche Unsicherheiten es gibt, und dann handeln“, sagt Claudia Pahl-Wostl. In Brandenburg sollen, fordern die Grünen im Landtag, das Messnetz für Grund- und Oberflächenwasserpegel verdichtet und die Datenerfassung von Wasserentnahmen erweitert werden. Wie unterschiedlich die Zahl der Messstellen sind, zeigt ebenfalls die Correctiv.Lokal-Recherche: So lagen Daten von 132 Messstellen aus dem Landkreis Märkisch-Oderland, aber nur von fünf Messstellen aus Cottbus vor. In Dahme-Spreewald waren es 44.

 

Privilegierung beim Wassernutzungsentgelt „nicht mehr zeitgemäß“

 

Eine wichtige politische Schlussfolgerung aus solchen Grundwasserdaten ist es beispielsweise, Entgelte für die Nutzung von Grund- und Oberflächenwasser zu nehmen. Brandenburg gehört zu den 13 Bundesländern, die ein entsprechendes Gesetz haben und mit dem Abgabesatz beim Grundwasser im oberen Bereich liegen. Das Wassernutzungsentgelt ist in Brandenburg zu entrichten, wenn aus oberirdischen Gewässern Wasser entnommen oder abgeleitet wird sowie bei der Entnahme von Grundwasser – und zwar nur für erlaubnispflichtige Gewässernutzungen bei Entnahmen von mehr als 3000 Kubikmeter pro Jahr.

 

Allerdings gibt es einige Ausnahmen: So wird für das Entnehmen oder Ableiten von Oberflächenwasser für die Bewässerung in der Landwirtschaft seit 2018 kein Entgelt erhoben. Bei Beregnungen werden nur für 7 Prozent der genutzten Wassermenge Wassernutzungsentgelte verlangt, die übrige Wassermenge wird als wieder eingeleitet deklariert. Vom Entgelt befreit sind in Brandenburg auch Maßnahmen zur Boden- bzw. Gewässersanierung und zur Gefahrenabwehr aus dem Grundwasseranstieg. Neben der Landwirtschaft gibt es in Brandenburg auch Ausnahmen für Industrie und Bergbau, wie ein vergleichendes Gutachten des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) von 2019 über die Wasserentnahmegelder der Bundesländer ergab.

 

Eine Privilegierung beim Wassernutzungsentgelt halten die Grünen im Landtag für „nicht mehr zeitgemäß“, sie müsse schrittweise abgebaut werden. Zudem fordern sie eine Verbesserung der finanziellen Möglichkeiten, Wasserressourcen zu schützen. „Die Einnahmen aus dem Wassernutzungsentgelt werden zweckgebunden für die Umsetzung der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, für den Hochwasserschutz, die Unterhaltung der Gewässer und anderes verwendet“, heißt es in dem Papier. Für die Erhebung des Wassernutzungsentgelts in Brandenburg werden je Jahr durchschnittlich 750 bis 800 Festsetzungsbescheide erstellt, teilt das Landesumweltamt auf seiner Homepage mit. Daraus würden sich jährliche Einnahmen von circa 21 Millionen Euro ergeben. Laut dem Gutachten des BUND gehört Brandenburg zu den sieben Bundesländern mit einer eindeutigen Zweckbindung der Mittel für die Verbesserung der Wassergüte oder zur Gewässerunterhaltung.

 

Regionale Besonderheiten beachten

 

Bei allen Maßnahmen sind jeweils regionale Besonderheiten zu beachten. „Die Grundwasser-Neubildung spiegelt lokale klimatische Besonderheiten wider“, sagt Prof. Dr. Jan Fleckenstein vom Helmholtz Institut in Leipzig und nennt den Harz als Beispiel: „Im Westharz regnen sich viele Westwetterlagen ab, dort gibt es eine hohe Grundwasserneubildung“, erklärt er. In Magdeburger Börde, also im östlichen Windschatten des Harzes, komme von den Niederschlägen kaum noch etwas an. Ähnlich ist es in Brandenburg, wo sechs von den bundesweit Top 25 der sinkenden Grundwasserspiegel liegen. Grund dafür ist eine verringerte Grundwasserneubildung. „Tendenziell stark fallende Grundwasserstände finden sich überwiegend in den Hochflächenbereichen, zum Beispiel Prignitz, Teltow, Barnim, Fläming“, teilt dazu das Landesamt für Umwelt mit. Unter den Top 25 der steigenden Grundwasserspiegel hat Brandenburg zwei, nämlich in Elbe-Elster. „Beide Grundwassermessstellen unterliegen einer bergbaulichen Beeinflussung und zeigen daher in Ihrem Ganglinienverlauf den derzeitigen noch nicht vollständig abgeschlossenen Grundwasserwiederanstieg“, schreibt das Landesumweltamt als Begründung. In der Lieberoser Heide wiederum hat die Menge des Grundwassers auch mit dem Bewuchs zu tun, der sich jetzt eher ausbreiten kann als während der militärischen Nutzung, etwa auf der alten Schießbahn, erklärte Isabell Hiekel in ihrem Vortrag.

 

„Es gilt, das kostbare Wasser, insbesondere im Winterhalbjahr und bei Starkregen, aufzufangen, wann und wo es geht.“
Grünen-Fraktion im Kreistag Dahme-Spreewald

 

Vor diesem Hintergrund hat die Grünen-Fraktion im Kreistag Dahme-Spreewald einen Antrag eingebracht, um geeignete Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes im Kreisgebiet in Zusammenarbeit mit anderen Behörden zu entwickeln. „Es gilt, das kostbare Wasser, insbesondere im Winterhalbjahr und bei Starkregen, aufzufangen, wann und wo es geht“, heißt es in der Vorlage. Spannend dürfte werden, wie konkret die Debatten, beginnend im Umweltausschuss am 23. November, geführt werden - offenbar erhoffen sich die Kreispolitiker nicht so viel vom Land: „Gerade für unsere Region aber besteht [...] dringender Handlungsbedarf, so dass wir nicht warten sollten, bis uns irgendwann Vorgaben vom Land oder Bund zu den überfälligen Maßnahmen veranlassen.“ In die Formulierung von Maßnahmen sollen offenbar auch die Bürger einbezogen werden: „Die Öffentlichkeit wird durch gezielte Ansprache zum Thema nicht nur dafür sensibilisiert, sondern auch mit der Aufforderung zu Vorschlägen einbezogen.“

 

Diese Recherche ist Teil einer Kooperation von Wokreisel und CORRECTIV.Lokal. Das Netzwerk recherchiert zu verschiedenen Themen, darunter in einem Schwerpunkt langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos unter correctiv.org/klima

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Veröffentlichung

Mi, 26. Oktober 2022

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